Die Qualität einer Gesellschaft kann nach den verschiedensten Kriterien beur- teilt werden, wie etwa nach ihrem Reichtum oder nach ihren kulturellen Leistungen. Der entscheidende Faktor der Beurteilung ist für mich allerdings der Umgang einer Gesellschaft mit ihren schwächeren Mitgliedern. Dazu zählen Kinder und Jugendli- che. Was mit einer Idee begonnen hat, bietet heute vielen benachteiligten Kindern, die in zerrütteten, instabilen bzw. desolaten Familien aufwachsen mussten, neue Chancen und Perspektiven durch ein neues, stabiles Zuhause. Pro Juventute ist damit zu einer unverzichtbaren Säule im sozialen Gefüge Österreichs geworden. Seit der Gründung 1947 hat Pro Juventute tausenden Kindern in Österreich ein Daheim geschaffen. Ihre Einrichtun- gen in ganz Österreich bilden ein Unterstützungsnetzwerk für Kinder, Jugend und Familien. In den Wohngemeinschaften wird jungen Menschen Zuneigung und Geborgenheit gegeben und dadurch wird ihnen ein Großwerden in einer sicheren und liebevollen Umgebung ermöglicht. Der Lebens- abschnitt bis zum Eintritt in das Erwachsenenleben ist für den Werdegang eines Menschen ent- scheidend und dauert etliche Jahre. Deswegen ist es wichtig, gute Lebens- und Lernbedingun- gen zu ermöglichen. Pro Juventute trägt dazu durch den Aufbau von vertrauensvollen Beziehun- gen sowie durch soziale und psychische Integration bei. Kinder sind unsere gesellschaftliche und soziale Zukunft. Ihr Schutz und ihr Wohlergehen müssen allen in unserer Gesellschaft am Herzen liegen. Ich möchte mich ganz herzlich bei Pro Juventute für das täglich erbrachte Engagement und die Liebe, die sie den Kindern geben, bedanken. Die Einrichtungen leben von den Men- schen, die sich mit ihren Ideen und Kompetenzen einbringen und aus einer Idee einen Ort der Unterstützung, der Begegnung und des Daheims machen. Vor wor te Das Jahr 2010 war wirtschaftlich betrachtet ein positives in der Geschich- te von Pro Juventute. Mit tatkräftiger Unterstützung unseres Kuratoriums gelang es der Geschäftsführung die Betreuungsangebote weiter auszubauen. Wirtschaft- licher Erfolg bedeutet in einer Non-Profit-Organisation einen schlanken Overhead, eine aussagekräftige Kostenrechnung und die Sicherstellung einer bestmöglichen Betreuungsqualität ohne Verschuldung des Unternehmens. Für Pro Juventute – als eine der führenden österreichischen Kinderhilfsorganisationen – steht aber nicht die wirtschaftliche, sondern die soziale Zielsetzung im Vordergrund: vernachlässigten Kindern und Jugendlichen ein neues und sicheres Zuhause zu geben. Der Erfolg unseres Unternehmens zeigt sich im Standard der Betreuung unserer Kinder und Jugendlichen. Die Geschäftsführung dankt allen, die Pro Juventute bei der Betreuung von Kindern und Jugendlichen unterstützt haben. Unser Dank gilt vor allem den MitarbeiterInnen in den Einrichtungen und den Förderern von Pro Juventute, die mit ihren Beiträgen den Ausbau der Betreuungsangebote ermöglicht haben. Um die pädagogische Qualität in Zukunft sicherzustellen, wurde 2010 ein neues umfang- reiches Qualitätsmanagementkonzept gestartet, welches jetzt umgesetzt wird. Auch weitere sozi- alpädagogische Einrichtungen in Oberösterreich, der Steiermark und Salzburg sind 2011 geplant. Sozialminister Rudolf Hundstorfer MMMag. Sabine Kornberger-Scheuch, Kfm. Direktorin 2010 schien unter keinem guten Stern zu stehen: Finanzkrise an allen Ecken. Dass wir sie gut überlebt haben, danken wir den vielen SpenderInnen, die mit ihrer kräftigen Unterstützung dazu beigetragen haben, dass wir auch in diesem Jahr nicht stehen geblieben sind. Wir haben neue Häuser eröffnet, vor allem auch alte ver- bessert. Thermische Sanierung! Wer Kinderschutz will, muss auch Umweltschutz wol- len. Ende Mai 2011 fand der 24. FamilienrichterInnentag in Salzburg statt. Ziel war, auch in instabilen Familien den Erhalt der familiären Struktur sicherzustellen. Prä- vention ist das Zauberwort; durch die laufende Betreuung dieser Familien durch Fachkräfte, die mit intensiver Unterstützung und profundem Wissen »Rettungsanker« für die Betroffenen sind. Das hat wirtschaftliche Gründe. Rund-um-die-Uhr-Pflege mit hohem pädagogischem Anspruch ist kostenintensiv. Diese Form der Prävention dient als Ergänzung, nicht als Ersatz zur Pro-Juventute-Großfamilie. Dafür bedarf es gemeinnütziger Organisationen mit erfahrenen PädagogInnen in einer Größen- ordnung, die sich an einem stark wechselnden Bedarf anpassen kann. Pro Juventute hat Mitar- beiterInnen, die auf diesem Gebiet schon beachtliche Erfahrung gesammelt haben. Wir sind quer durch Österreich mit unseren Kinderhäusern vertreten. Wir können auch bei gröberen Proble- men und in Notfällen einspringen, was wir schon mehrfach bewiesen haben. Einem Kind kurzfri- stig einen Platz in einem unserer Häuser freizumachen, das und Ähnliches ist zu schaffen, wenn wir in der Prävention Fuß fassen. Mit dem Land Tirol sind wir auf diesem Weg schon sehr weit. Unsere MitarbeiterInnen sind kompetent in Kinderangelegenheiten und tatkräftig, wenn Not am Mann ist. Falls uns ein Jugendamt aufmunternd zuwinkt oder noch besser: uns beim Wort neh- men will – wir nehmen die Herausforderung an! 2 Liebe Leserinnen und Leser, in diesem Jahresbericht möchte ich Sie ganz besonders zu der Geschichte »Markus’ Teichprojekt« auf Seite 18 und 19 hinfüh- ren. Ein 14-jähriger Junge schildert hier sehr lebendig, wie er seinen Plan, einen Teich im Garten der Wohngemeinschaft anzulegen, umzusetzen versucht. Er beschreibt, wie er seinen kleinen Teich mit vielen Anstrengungen und einigen Schwierigkeiten vergrößert. Diese Geschichte ist ein sehr schönes Symbol für die Beschreibung der Tätigkeit unserer engagierten sozialpädagogischen Fachkräfte bei der Ausübung ihrer oft sehr schwierigen Aufgaben. Wenn ein Kind bei uns aufgenommen wird, kommt es oft verängstigt und unsicher in diese Einrichtung. Und nun beginnt der Vergleich mit dem Teich: Sehr eingeengt in seinen Möglichkeiten, sich zu entfalten, braucht es viel Unterstüt- zung. Wesentlich ist dabei, dass unsere erfahrenen MitarbeiterInnen ein klares Ziel verfolgen: Sie wollen unter Einbeziehung des Kindes das Bestmögliche in dessen Entwicklung erreichen. Sie beginnen, diesen »Teich« mit viel Anstrengung langsam zu erweitern. Immer wieder stoßen sie gemeinsam mit den Kindern an Grenzen, die es erforderlich machen, neue Wege zu beschreiten. Ständig unterstützen sie die Kinder dabei, dass sie gedeihlich ihr Vertrauen erweitern können. Oft muss man tief und lange »graben«, wenn man traumatische Erfahrungen aufarbei ten möchte. Oft drohen die Fische des seelischen Leids in dem Wasser der Gefühle zu ersticken, weil das Gleichgewicht des Lebens zu kippen droht. Und immer wieder müssen Falten der Seele geglät- tet werden, damit nicht die kostbare Lebensenergie im Erdreich der Verletzungen versiegt. Und dennoch gelingt es sehr oft, das Ziel zu erreichen: Es entsteht ein Teich, der Leben in sich birgt und Platz für die Persönlichkeit bietet. 3 KommR Fritz Peham, Präsident Mag. Emanuel Freilinger, Pädagog. Direktor